Viel Jubel um Samantha Ellis‘ „How to Date a Feminist“-Verrücktheit in Köln
Von Günther Hennecke
Köln – Keine Sorge. Der Titel, so verfänglich und ideologisch aufgeladen er auch daherkommt, führt in eine Welt, in der es eigentlich ganz „normal“ zugeht. Theater-Muse Thalia hat das ihre dazu beigetragen, aus Samantha Ellis‘ ironischem Geschlechter-Kampf-Stück „How to date a Feminist“ vor allem zündendes Theater zu kitzeln. Dass im Kölner Schauspiel dabei die Gefühle und ironisch gebrochenen Klischees nicht selten aus dem Ruder „ernsthaften“ Theaters laufen- geschenkt! Darin verkörpern, ganz der britischen Autorin gehorchend, ein Mann und eine Frau einmal sich selbst, zudem die eigenen Eltern – und eine aus der Vergangenheit auftauchende Liebes-Beziehung.
Duett im permanenten Rollentausch
Den inszenatorischen Kern des Kölner Abends bildet das Duett zweier
verrückter Figuren auf ständigem Rollentausch-Trip. Regisseur
Rafael Sanchez ist sein Alter Ego im Stück: Steve. Ihm gegenüber
lebt Kate (Yvon Jansen), die Machos den Weicheiern moderner
Männerprägung eindeutig vorzieht. Weil sich Partner Steve gerne als
Feminist sieht, ist klar: Hier wird noch einiges passieren müssen,
um aus der dramaturgischen Sackgasse herauszukommen.
Was kleine Mädchen zum Kichern bringt
Soweit, so gut – oder auch nicht. Weshalb der vermeintliche, sich selbst als Feminist ins Bild rückende Steve sich zu Beginn der knapp zweistündigen Tour d‘Horizon durch die Lieben zweier Generationen den Bademantel in die Ecke wirft, mag ja noch nachvollziehbar sein. Dass er von nun an freilich alles daran setzt, sein Gemächt aus allen Perspektiven sichtbar zu machen, reizt freilich, sicht– und hörbar, nicht nur einige weibliche Teenager zu einem Gekicher, das, auch ohne nackte Tatsachen, bis zum Ende des Abends andauert.
Robin Hood trifft Trump-Sternchen
Doch zum verrückten Kern-Thema. Kate und Steve lernen sich auf
einer Kostümparty kennen. Naja, wo auch sonst – in Köln! Steve,
mittlerweile ohne herausstechende Geschlechtsmerkmale unterwegs,
spielt Robin Hood. Sie, im amerikanisch anmutenden Sternenhöschen
gefangen, lässt an eine Trump-Parodie denken.
Ehe-Scheidung nach 90 Minuten
Dass beide sich ineinander verlieben und sogar heiraten wollen, ist
nach einer Kostüm-Party in Köln eher unrealistisch. Kölnisch
könnte, wenn überhaupt, schon eher die Tatsache sein, dass Steve
sich gerade mal 90 Minuten nach der Eheschließung auf und davon
macht. Halten die beiden es doch für einen Skandal und geraten
darüber aneinander, dass sich ihre Eltern, Steves Mutter Morag, und
ihr Vater, Joe, mindestens so vergnügen wie sie selbst. Knutschen
die doch sogar während ihrer Hochzeitsfeier – und nicht nur das.
Doch so schlimm ist das alles nicht. Nach Steves kurzzeitiger
Flucht in die Arme seiner Ex-Geliebten Carina klärt er, dank Kates
Tatkraft, wieder zu ihr zurück.
Der Schwanz als Ruhekissen
Yvon Jansen und Rafael Sanchez, Regisseur und zugleich sein eigener
Hauptdarsteller -übrigens sind beide auch im „richtigen“ Leben ein
Paar – drehen das Durcheinander durch alle denkbaren
Paar-Klischees, Bissigkeiten und Versöhnungsorgien. Auf einem
Riesenkissen erleben wir auch noch einmal den sich genital
ungehemmt öffnenden Mann. Ob der nun Vater oder Sohn ist, spielt da
kaum eine Rolle mehr. Und sie, hin und weg von dem, was sie sieht –
und sicher auch fühlt, legt ihren Kopf auf – pardon!, aber so wurde
das Teil des öfteren genannt – seinen „Schwanz“. Begleitet von den
Worten „Wenn schon, denn schon“. Ganz am Schluss der
verrückt-überdrehten Schau kann sie wohl auch deswegen befriedigt
feststellen, dass beide, „keine Geheimnisse mehr voreinander
haben.“
Edel-Boulevard geistert durchs Bild
Ellis’ Stück ist ein Spiel mit Klischees, die zumeist köstlich-komisch aufgebrochen werden. Dass es dabei um Mann und Frau geht, also auch um das Überleben der menschlichen Rasse, wird in schrillen Szenen immer wieder deutlich – auch wenn der Edel-Boulevard nicht selten durchs Bild geistert.
Liebe muss chaotisch sein – na dann!
Es mag ein Spiel sein. Doch für die Autorin ist, wie sie im
Programmheft des Kölner Schauspiels wissen lässt, die „Liebe
wichtig. Sie ist das wichtigste überhaupt“. Und wenn sie hinzufügt,
„Liebe muss stets ein wenig chaotisch und durcheinander sein“,
dürfte das Darsteller-Duo unter der Regie des männlichen Parts für
Ellis alles richtig gemacht haben.
Jubelorgien nach knapp zwei Sunden
Das Publikum war am Ende in seinem Jubel kaum zu bändigen. Am Ende
einer Geschichte, die, gottseidank, den drögen Ideologie –
Feminismus im Feuer der Sinnlichkeit und Liebe zu einem Nichts
schmelzen lässt.
Aufführungen: 9., 25. April; 11.Mai; knapp 2 Stunden ohne Pause;
www. schauspielköln.de
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Kölner Schauspiel
„How to Date a Feminist“
Von Samantha Ellis
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Premiere: 5. April 2019
Regie: Yvon Jansen & Rafael Sanchez
Bühne und Kostüme: Sara Giancane
Licht: Manfred Breuer
Darsteller: Yvon Jansen und Rafael Sanchez
Kurzkritik: Eine ziemlich überdrehte Inszenierung eines verrückten Stücks für
ein durchgedrehtes Darsteller Duo