Menschlich packendes Musical „Titanic“ in der Kölner Philharmonie
Von Günther Hennecke
Köln – Ein spartanischer Tisch, davor ein Mann mit Schiffsplänen. Genügsamer könnte kein Musical beginnen. Und wenn die „Titanic“ erst einmal auf dem Meer ist, erzählt auch nur eine Reling von einem Schiff auf hoher See (Bühne: David Woodhead). Doch sobald die Hautevolee der ersten Klasse ihren Champagner schlürft, später die Bürger in der zweiten und schließlich die in der dritten Klasse von einem neuen Anfang in Amerika träumen, nimmt dieses Musical Fahrt auf.
Träume von Amerika – im Eis beendet
Wenn kurz vor der Pause der Beginn des Untergangs des „sichersten Schiffes, das je gebaut wurde,“ in Bild und Ton umgesetzt wird, ist einer der technisch–inszenatorischen Höhepunkte eines Abends erreicht, der sich in vielerlei Hinsicht vom Durchschnitts-Kitsch normaler Musicals unterscheidet: Es erzählt nämlich von„wirklichen“ Menschen, die ihre Träume verwirklichen wollen. Und es wird zum Drama von Schuld und Sühne, wenn sich der Finanzier des Schiffes, der den Kapitän zuvor mit immer spektakuläreren Geschwindigkeitsforderungen in den Abgrund trieb, zudem der Schiffskonstrukteur und der Kapitän die Schuld-Zuweisungen nur so um die Ohren schlagen.
Die große Liebe zwischen Philemon und Baucis
Die Menschen sind es, die dieser 2016 entstandenen Neuinszenierung
der 1997 mit fünf Tony Awards ausgezeichneten „Titanic“ ihren
Stempel aufdrücken. Da ist Niall Sheehy als Heizer Barrett, der den
Funker dazu gewinnt, seiner großen Liebe daheim eine Botschaft zu
schicken. Hinreißend ist Wendy Fergusaon als Alice Bean, die sich
mit Verve den Männern der Hautevolee an den Hals wirft – ohne
jedoch die Liebe zu ihrem Mann verlieren zu wollen. Ein ganz
besonderes Paar sind die beiden Strauss. Sie erinnern, voller
Poesie, Humor und Liebe, an ein in der Neuzeit aufgetauchtes
Paar Philemon und Baucis aus der griechischen Mythologie: „Kinder
und Frauen zuerst“ hieß es vom Käpt’n, doch sie sagt: „Nein! Ich
bleibe!“
Effektiv und liebevolle in Bilder gebracht
Thom Southerland sind grandiose Bildlösungen gelungen, die die Erzählung von Peter Stone ebenso effektiv wie liebevoll ins Bild setzen. Diese „Titanic“-Inszenierung mit ihren zwei Dutzend Darstellern und der Musik von Maury Yeston wurde zurecht mit stehenden Ovationen in der Kölner Philharmonie verabschiedet.
Aufführungen noch bis 28. Juli; www.koelner-sommerfestival.de
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„Titanic – The Musical“
Premiere: 23. Juli 2019 im Rahmen des 32. „Kölner Sommerfestivals“
Philharmonie Köln
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Text: Peter Stone
Musik und Lyrics: Maury Yeston
Inszenierung: Thom Southerland
Bühnenbild: David Woodhead
Lichtdesign: Howard Hudson