Karin Beier inszeniert Alan Ayckbourns „Ab jetzt“ in Hamburg

Blühender Blödsinn – Großer Wurf

 

HAMBURG. Alan Ayckbourn ist ein alter Kämpe auf dem Schlachtfeld des Theaters. Seine Waffen sind die Komödie, die Farce, der Witz und seine Feinde  die menschlichen Schwächen. Deshalb hat ihn Elisabeth II. zum Ritter geschlagen. Das spricht für den Geschmack Ihrer Majestät.

 

Bei uns wird Ayckbourn viel zu selten gespielt – aber jetzt. Das Deutsche Schauspielhaus in Hamburg hat eine selten gespielte Komödie inszeniert, „Ab jetzt“. Regie führt die Chefin, Karin Beier.

 

Jerome ist Komponist. Seitdem seine Frau samt Tochter ihn verlassen haben, leidet er unter einer Blockade. Er muss sein Töchterchen zurück gewinnen, um wieder arbeiten zu können. Deshalb bestellt er eine Schauspielerin. Sie soll einen Tag lang dem Herrn vom Jugendamt und seiner Frau vorspie(ge)l(e)n, dass alles in Ordnung ist und das Kind ihm ruhig überlassen werden kann. Die Schauspielerin schafft es nicht, mit diesem Ekel von Komponisten auszukommen, deshalb wird sie ersetzt von einem Roboter.

 

Es ist vorhersehbar, dass der Roboter schrecklich viele Fehler macht, gegen jede mögliche Wand fährt und über das Sofa fällt – nicht vorhersehbar ist, wie komisch das ist. Das ist Slapstick auf der Bühne, purer Klamauk, aber das ganze Große Schauspielhaus gerät aus dem Häuschen. Neben mir saß eine Dame, zwischen vierzig und fünfzig, pure hanseatische Eleganz und Kühle, die den Mund aufriss, weil sie so lachen musste, in die Hände patschte wie ein dreijähriges Mädchen, das von purem Entzücken überwältigt wird – und dann ohne weiteres in Szenenbeifall überging.

 

Es wird immer besser. Was so leicht aussieht, ist schwer. Schon das Stück muss genauestens konstruiert sein, damit es sich immer weiter bis zum grandiosen (guten) Ende hin steigert.

 

Jede Einzelheit ist genau gewogen. Der beste Effekt ist das Lachen. Jeder kennt das Lachen von Frauen, wenn sie zeigen wollen, wie lustigheiterfröhlichundmädchenhaftunbeschwert sie sind, wie viel Humor sie haben – dieses Lachen ist zutiefst unecht. Man merkt es, weil es zu laut ist. Und genau dieses Lachen hat der Roboter gelernt. So wiehern Rappen aus Pappen mit Kappen&Wappen.

 

Weiberkomödie

 

Lina Beckmann spielt anfangs die Schauspielerin, die alles, was man falsch machen kann, falsch macht und so tut, als wäre sie die Souveräne vom Dienst. Eine erstklassige Schauspielerin porträtiert eine völlig verunsicherte Kollegin am anderen Ende der nach unten offenen Talentskala. Später verkörpert sie den Roboter.  Das ist meisterINNENhaft. Es gibt viele Komiker, doch (ganz) wenige Frauen, die das komische Fach beherrschen. Das Deutsche Schauspielhaus unter der Leitung von Karin Beier entwickelt gerade eine weibliche (Hamburger) Dramaturgie – und dazu gehört natürlich auch das Lustspiel, in dem Damen die tragenden komischen Rollen spielen. „Ab jetzt“ ist der Beweis, dass Frauen genau so lächerlich (im emphatischen, existenziellen Sinn) sind wie Männer – Lina Beckmann beherrscht das Fach und treibt die Facetten weiter voran.

 

Karin Beier inszeniert, so dass die Schauspieler freie Bahn haben und die Effekte optimal ausspielen können. Bühnenbild und Kostüme stammen aus dem Fundus – hier wird auf schlicht geschaltet, um der Schauspielkunst nichts in den Weg zu stellen, ihr keine Konkurrenz zu machen.

 

Ein großer Wurf. Der Abend ist ein Juwel und Lina Beckmann ist seine Prophetin.

 

Ulrich Fischer

 

Auff. am 7., 25. und 31. März, 4., 16. und 24. April – Spieldauer: 2 Std.

Kartentel.: 04024 87 13 – Internet: www.schauspielhaus.de