Scharfsinnig

Klaus Modicks „Die Schatten der Ideen“

Den Konflikt zweier Kräfte rückt Klaus Modick ins Zentrum seines spannenden Romans „Die Schatten der Ideen“: Den freien Bürger auf der einen Seite, auf der anderen die wohltätigen Einrichtungen der Regierung der Vereinigten Staaten zum Schutz der Freiheit.

Klaus Modick

Moritz Carlsen, ein deutscher Schriftsteller, bekommt in den achtziger Jahren des letzten Jahrhunderts die Einladung an eine amerikanische Provinzuniversität, als „Writer in Residence“ ein halbes Jahr zu arbeiten – er fährt gern, das Arrangement ist ansehnlich dotiert. In dem Häuschen,   ihm als „Residence“ zugewiesen, entdeckt er im Keller (!) hinter einem Regal (!!) in einer Nische (!!!) alte, vergilbte Aufzeichnungen. Klaus Modick ist Anglist – und er spielt lustvoll auf englischsprachige Romane an, die den Zugang zu einer anderen Welt gleich zu Haus ansiedeln, gern mal hinter dem Wandschrank, hier eben hinterm KellerRegal.

Moritz wird von seiner Schreibblockade erlöst, denn in den Aufzeichnungen findet er den Lebenslauf eines Professors, der vor ihm in dem Häuschen gelebt hat; von den Nazis als „Jude“ verfolgt fand er Zuflucht in den Vereinigten Staaten – sein Lebenslauf ist ein Fluch auf die Nazis und Deutschland. Nach dem Sieg 1945 wurde er Opfer der faschistische Strömungen im Land der Freien und Tapferen.  Die McCarthy-Ära wird ihm zum Verhängnis. Er wird als Kommunist denunziert – das Verhör ist einer der gelungensten Teile des Romans – grausig. Sie Szene erinnert an Caprichos von Goya.

Die Kommunistenjäger wissen nicht, wovon sie reden, wenn sie den Kommunismus zu Sprache bringen, dennoch (oder deswegen?) verurteilen sie  ihr Opfer, einen in der Wolle gefärbten Liberalen, zu einem Jahr Haft.

Dahinter steckt eine durchsichtige Intrige, sein Posten als Professor ist schon vom Denunzianten besetzt, als der deutsche Emigrant noch gar nicht im Gefängnis gelandet ist – und diese Intrige wirkt nach. Der Intrigant hat kein Interesse, dass seine Untat ans Licht des Tages kommt, lässt deswegen sein Opfer nach der Entlassung aus dem Gefängnis ermorden und vertuscht, so gut es geht, seine Spuren.

Doch Moritz kommt ihm, dank der Dokumente hinterm Regal im Keller, auf die Schliche. Auch Moritz wird noch angegriffen und eingeschüchtert – aber zu spät,  vergebens:

Vor uns, den Lesern, liegen „Die Schatten der Ideen“, die kriminelle Machenschaften der McCarthy-Leute aufgedeckt und mancher Leser wird vielleicht Zweifel bekommen, ob das FBI und die CIA  unsere wirklich Freiheit verteidigen – oder andere Ziele verfolgen.

Das ist aber auch der einzige Mangel an diesem Buch. Es ist eine Liebeserklärung an Amerika – wenn auch vielleicht nur an einen Teil. Ein anderer wird skizziert – und wer, wie ich, diesen Roman, den Klaus Modick 2006 – 2008 geschrieben hat, heute (2014) liest, merkt, dass der Große Präsident nicht aus dem Nichts kam und auch nicht im Nichts versunken ist.

Klaus Modick hat wieder einen antifaschistischen Roman geschrieben. Er warnt!

                                                                  Ulrich Fischer

Klaus Modick: Der Schatten der Ideen. 455 S. kosten 19,95 € .