Geld und Geist

Dramatikerin ./. Jurist

„Gauweiler greift Chefermittlerin an“ meldete die Süddeutsche am Dienstag letzter Woche. Die Chefermittlerin, Anne Brorhilker, ist Oberstaatsanwältin in Köln. Sie habe Banken in Nöte   und Beschuldigte ins Gefängnis gebracht, schreibt die SZ. Brorhilker bekommt Gegenwind. Einer ihrer Gegner ist Peter Gauweiler, ein alter Haudegen der CSU und Jurist. Er und einige Kollegen, so  kolportiert die SZ,  habe mutmaßlich einen Fragenkatalog zusammengestellt, den die Kölner Staatsanwältin vor einem Hamburger Untersuchungsausschuss beantworten soll. „Wie sie sich in das Cum-Ex-Thema eingearbeitet habe?“ Wer die Abschrift des Fragenkatalogs  liest,   könnte auf die Idee kommen, das Ganze wie folgt auf den Punkt zu bringen: Hat Brorhilker überhaupt eine Ahnung von dem, was sie da ermittelt? … Kurzum: Taugt sie überhaupt für diese Aufgabe…?“

Vielleicht haben sich Gauweiler, der als Kunstfreund gilt, obwohl er aus München kommt, und seine Kollegen von Felicia Zeller inspirieren lassen. Die Dramatikerin hat in ihrem Stück „Der Fiskus“ ebenfalls zum Thema Cum-Ex Stellung genommen.  Von einem baufälligen(!) Finanzamt verlangt die Firma LAW FIRM RETIREMENT PLAN TRUST ABILITY BRANCH  Steuerrückzahlungen im Millionenbereich.    

Felicia Zeller

Als die Firma Bea, einer getreuen Finanzbeamtin, auf höfliche  Nachfragen hin mit gerichtlicher Verfolgung, finanziellen Ruin und persönlichen Schadenersatzansprüchen in Millionenhöhe droht, verlassen eingeschüchtert Bea alle Kollegen.  

Felcia Zeller lässt Bea Cum-Ex-Geschäfte erklären: Jeder könne begreifen, dass man höchstens nur einmal Steuern, die man bezahlt hat, erstattet bekommen kann, nicht mehrmals. Dazu braucht niemand internationale Anwaltssozietäten und verwirrende Professorengutachten.

Die Taktik, die Kompetenz der Oberstaatsanwältin in Frage zu stellen, gegen sie gewichtige Gutachten internationaler Professoren aufzufahren, erinnert an die LAW FIRM RETIREMENT PLAN TRUST ABILITY BRANCH. Es ist eine bewährte Strategie:

Was tun, wenn Sie keine überzeugenden Argumente haben? Stellen Sie sofort den Gegner bloß! Sie sei jung, er habe keine Erfahrung. Auf unserer Seite hingegen sind gewichtige Gelehrte. Erfinden Sie Begriffe, die niemand versteht! Niemand wagt nachzufragen („Des Kaisers neue Kleider“) und drohen Sie: Wenn Sie Ihre Behauptung aufrecht erhalten, müssen Sie mit Anzeige rechnen! Strafe zahlen!! (am besten in Millionenhöhe!!!). Nehmen Sie sich an den Hohenzollern ein Beispiel: Die (sorry: Hoheit!) wollen Knete vom Staat und verklagen Gegner auf Unterlassung schädlicher Behauptungen. (Hoheit ist noch besser als Doktor und Professor).

Doch die Firma mit dem pompösen Namen  hat gegen Beas  Argumente keine Chance. Die Frage ist, ob Gerichte sich von starkem Imponiergehabe beeindrucken lassen und klein beigeben. Aber Achtung: Felicia Zeller lässt sich nicht einschüchtern – sie ist schließlich Präsidentin ihres selbst geründeten Clubs der Ahnungslosen. Das Gelächter, das sie erregt, könnte schlaue Füchse viel Geld kosten (s. abermals „Des Kaisers neue Kleider“).

Anne Brorhilker, Felicia Zeller und Bea halten Wacht. Wir können weiterschlafen.

                                                                           Ulrich Fischer

P.S. Zum Schluss hat Felicia Zeller noch eine unerwartete Wendung im Köcher: Bea bekommt einen Brief aus der Schweiz von dem Berater, der die Cum-Ex-Geschäfte eingefädelt hat; in der Schweiz fühlt er sich vor der Verfolgung bundesdeutscher Behörden, die Bea aufgeweckt hatte, sicher. Als er erfährt, wie Bea kaltgestellt & schikaniert wird, handelt er – und lädt sie ein, Beraterin zu werden, bei ihm, in seinem neuen Schweizer Büro. Sachverstand hat sie – und ihre Enttäuschung darf ihn hoffen lassen. Satte Honorare locken.

Vielleicht wäre das eine Lösung des Problems. Oberstaatsanwältinnen in Köln werden  s o  fürstlich nicht honoriert.