Repression

NACH García Lorcas  „Bernarda Albas Haus“ im Deutschen Schauspielhaus in Hamburg

HAMBURG.   Alex Eales hat für „Bernarda Albas Haus“ ein zweistöckiges Bühnenbild entworfen: das Erdgeschoß dominiert in der Mitte ein Speiseraum, ein Treff für alle Familienmitglieder, ausschließlich Frauen; rechts eine Art Küche und links ein Gittertor mit schwerem Schloss. Im ersten Stock reihen sich sieben Zellen aneinander, die engen Schlafkabinen der Töchter –  Der Bühnenbildner unterstreicht die Hauptaussage von García Lorcas Stück und Katie Mitchells Inszenierung: Gefängnis, Unterdrückung, Zwang.

Wichtiger als die Handlung ist die Atmosphäre der Unterdrückung. Julia Wieninger in der Titelrolle betont die Repression, die von Bernarda Alba ausgeht, sie will, dass auf keinen Fall eine ihrer Töchter ins Gerede kommt und ordnet deshalb an, befielt, dass alle im Haus bleiben. Aber Bernarda Alba ist nicht nur um den Ruf ihres Hauses besorgt, das könnte man ja verstehen, sie ist darüber hinaus eindeutig herrschsüchtig, Die Revolte der Töchter ist halbherzig; als einmal eine ernsthaft aufmüpfig wird, zögert die Mutter nicht, ihr mit heißem Wasser die Hand zu verbrühen.

Julia Wieninger spielt Bernarda Alba – Foto: Thomas Aurin

Das ist ein Höhepunkt der Handlung, der nur am Ende noch überboten wird durch einen Selbstmord. Die Tochter meinte, ihr Freund sei von der Mutter erschossen worden und legt deshalb Hand an sich. Die Szene walzt Katie Mitchell in Slow Motion zu lang aus, unterlegt sie mit zu lauter tragischer Musik – die britische Regisseurin ist nicht immer stilsicher.

Schlimmer: es ist schwer, der Handlung zu folgen, weil Katie Mitchell ihr  Hauptstilmittel ausufernd einsetzt: die Schauspielerinnen sprechen oft gleichzeitig, simultan. Dadurch wird betont, dass keine auf die andere hört, wie ähnlich alle einander sind –   für die Zuschauer indes wird es schwer zu verstehen, wer gerade spricht, wer was sagt – es ist ja alles gleichzeitig.

Wann spielt das Stück und wo? Bei Katie Mitchell schwer zu sagen. Da ist die ursprüngliche Fassung, García Lorcas Meisterwerk, eindeutig: Spanien, Anfang des zwanzigsten Jahrhunderts. Garcia Lorca wendet sich gegen die Konvention, gegen die Körperfeindlichkeit, gegen den herrschenden Katholizismus und gegen den Muff des Faschismus – der Dramatiker kämpft für Befreiung, Emanzipation. Dieses Ziel ist inzwischen weitgehend erreicht. Worauf zielt Katie Mitchell mit ihrer aufwendigen Inszenierung?

Die Aufführung bleibt die Antwort schuldig.

                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                 Ulrich Fischer

Vorstellungen am  14. Nov; 7. und 16. 12.  – Dauer: 90 Min.