Alle reden, keiner hört zu

Uraufführung von Maya Arad Yasurs „Bomb“ in Köln

Von Günther Hennecke

Köln – „Bomb“ heißt das Stück. „Variationen über Verweigerung“ im Untertitel. Etwas „Bombiges“ deutet denn auch schon zu Beginn auf Krieg und Zerstörung: Auf einem zweistufig-rundem, strahlend weißem Podest steht ein Baum, dessen Stamm und Krone an einen Atompilz erinnern. Im Kreis um Baum und Podest herum stehen zahllose Hocker. Ein beeindruckendes, ein schönes Bild (Bühne: Eva Veronica Born).

Ineinander verwobene Geschichten
Doch es wird erst einmal geredet. Drei Frauen, drei Männer, meist mit Mikro- Verstärkern ausgestattet, verlieren sich in zunehmend unverständlichen Monologen, Dialogen und untrennbar ineinander verwobenen  Geschichten. Dabei tragen die sechs, warum auch immer, alle die gleiche, glatt  in einem Pferdeschwanz endende Perücke.

Naomis Performance nur verbal
Sie reden zunächst von einer Naomi, deren Performance sie in Venedig gerade besichtigen. Bild wird davon nichts. Nichts als reden, reden, reden. Dann gewinnt die Geschichte eines Kampfpiloten die Oberhand, der beim  Besteigen eines Flugzeugs stets sexuell erregt wird. Schliesslich ist da noch von einem Jungen die Rede, der mit der Kamera seines verstorbenen Vaters Bilder des Krieges, welches Krieges auch immer, festhält.

Liebe als Fremdwort
Dass Naomis Vater Panzerfahrer ist, wird uns ebenso mitgeteilt. Auch dass er sich dabei stets die Haare ausreißt – und ihm das Wort Liebe im Krieg zum Fremdwort geworden ist. Doch welche Bomben da wirklich gezündet werden, bleibt im Dickicht des Sprachenwirrwars stecken, das die in Holland lebende israelische Autorin, Maya Arad Yasur,  als Auftragsarbeit für das Schauspiel Köln, geschrieben hat.

Vieles ist beliebig
Und die ist immer wieder beliebig. Nichts wird verortet, nichts zu Ende geredet, schon gar nicht zu Ende gedacht. Moralische Fragen verfangen nicht, Antworten verlieren sich in immer neuen Gedankenfetzen. Alles wird nur beschrieben, nichts theatralische Szene. Charaktere werden angedeutet, aber auch nicht annähernd ausgeformt.

Ein Stück, kein Drama
„Bomb“ ist ein Stück, aber kein Drama. Durchfressen von Satz–, Wort– und Gedankenfetzen, die sich nie zu einem Ganzen fügen. Bei dem das Publikum zwar permanent in die Pflicht genommen und direkt angesprochen wird. Aber ohne Antworten zurückbleibt. Theater sieht anders aus. Ganz anders. Denn wo Menschen zu Sprachrohren verdammt sind, findet Leben kaum mehr statt. Am Ende zeigte der Atom-Baum übrigens seine Rückseite: ein grobes Gerüst aus Metall.Gleichwohl großer Applaus. Die anwesende Autorin lächelte zufrieden.

 Schauspiel Köln; Aufführungen:15.,29. Februar; 4.,21.,27. März; 1 3/4 Std. ohne Pause; www.schauspielkoeln.de
—————————————————–„Bomb“ – Variationen über Verweigerung

Von Maya Arad Yasur

Uraufführung: 8. Februar 2020

Schauspiel Köln

Regie: Lily Sykes

Bühne: Eva Veronica Born

Kostüme: Jelena Miletic

Musik/Komposition: David Schwarz

Licht: Jürgen Kapitein

Live-Musiker: Ioan Hamza und David Schwary

Mit Nikolaus Benda, Campbell Caspary, Laura Friedmann, Justus Maier, Birgit Walter, Ines Marie Westernströer, Ida Marie Fayl, Ruth Grubenbecher