Möglichkeiten vertan

„Der Allmächtige Baumeister aller Welten“ in Hamburg uraufgeführt

 

HAMBURG.  Kontraste mach(t)en die Produktionen von Monika Gintersdorfer und Knut Klaßen reizvoll; Schauspiel und Tanz; Afrika und Europa; Weiß und Schwarz. Oft sind in früheren Produktionen die Gegensätze der Weltsicht hart aufeinander geprallt und die Meinungen der Afrikaner (von der Elfenbeinküste) waren originell, neu, meistens provozierend. Da ist der Reinfall mit „Der Allmächtige Baumeister aller Welten“ am Freitag im Deutschen Schauspielhaus in Hamburg eine mächtige Enttäuschung.

Monika Gintersdorfer zeichnet für die Regie verantwortlich (von der eigentlich keine Rede sein kann). Sie schraubt Szenen über Freimaurer und Rosenkreuzer hintereinander, die wenig miteinander zu tun haben,   unentschieden schwankend zwischen Beschreibung und mattem Witz, und   bei Ratlosigkeit enden. Warum ist dieses Thema wichtig? Keine Antwort im Stück – und keine Haltung.

Soll das nun ein Angriff auf Obskurantismus sein? Oder Schulfunk über abseitige Esoterik? Nicht einmal das wird klar –ein paar Hinweise auf die Hierarchien bei den Freimaurern formen sich weder zu Analyse noch Attacke.

Jan-Peter Kampwirth, Franck Edmond Yao alias Gadoukou la Star, © Knut Klaßen, 2017.

 

Das Programmheft ist besser

 

Monika Gintersdorfer lässt sich im Programmheft zitieren: „Womit wir uns vor allem auseinandersetzen, ist die Vorstellung, dass Rituale vollzogen und wiederholt werden, damit sich über das Performative eine Erfahrung einstellt. Also nicht immer nur über Gespräche. Das finde ich einen starken Ansatz. Und uns die Aufgabe zu stellen, welche Bewegung und welches Ritual man denn ausführen müsste, um durch das Machen auch etwas zu erzeugen.“ – Das Konzise, Präzise, Konturierte, aber auch das Vielversprechende dieser Aussage fehlt den Szenen.

 

Gerade in der Darstellung, Verzerrung, szenischen Analyse oder Entlarvung von Ritualen, deren Veranstalter versprechen, eine Verbindung zum Numinosen nicht nur zu beschwören, sondern tatsächlich herzustellen, schlummern enorme szenische Möglichkeiten. Im „Allmächtigen“ wurden diese dramatischen Potentiale verschenkt.

 

Schlaffe Hosen

 

Auch Knut Klaßen, der (mit Marc Aschenbrenner) für die Ausstattung sorgte, fiel wenig ein – die Hosen sind zu weit, die Kostüme ähneln einer missglückten Mischung von Schlaf- und Trainingsanzug –   den Schauspielern nehmen sie viel von ihrer Ausstrahlung. Nur eine Szene, die am Schluss, gelingt. Gadoukou la Star, ein ebenholzfarbener Hüne mit starker Bühnenpräsenz,  hypnotisiert mit seinem Bauchtanz, den Muskelbewegungen, dem Hüftschwung und den Zuckungen, die man nicht beschreiben darf, ohne das Zartgefühl der Leser zu verletzen, erst sämtliche Mitspieler, die in Sexträume versinkend auf der Bühne dahin schmelzen, dann auch die Damen in der ersten Reihe des Parketts. Gut, dass das Licht erlischt – was wäre sonst noch gekommen?

 

Unterm Strich

 

Aber eine Schwalbe macht noch keinen Sommer. Dieser Abend war so schwach, dass man sich um Monika Gintersdorfers und Knut Klaßens Schöpferkraft Sorgen machen muss. Sind sie ausgebrannt?   „Der Allmächtige …“ hat offensichtlich die Bühnenreife verfehlt.

 

Ulrich Fischer

 

 

Aufführungen am 19.,  20., 21. u. 22. Feb..;  Aufführungsdauer: knapp 2 Std.

Kartentel.: 040 24 87 13 – Internet: www.schauspielhaus.de